Routledge (gebunden/2011)
ISBN 978-0-415-78066-7
158 Seiten
Der Daoismus ist eine der grundlegenden Religionen/Philosophien der chinesischen Kultur und wird von den meisten Nicht-Chinesen – und auch vielen Chinesen – in erster Linie mit Laotse verbunden. Tatsächlich gibt es aber ein richtiggehendes chinesisches Pantheon, in dem unter anderem auch Konfuzius, Buddha – und in einigen Haushalten auch Mao – eine Rolle spielen. Eine der in China wohl mit verbreitetsten daoistischen Gottheiten ist Zhenwu, bzw. Xuanwu, wie er wohl ursprünglich geschrieben wurde.
Die vorliegende Doktorarbeit betrachtet die Entstehung der mythologischen Figur des Xuanwus ursprünglich als eine Art Donnergott und/oder Dämonenjägers, der zur Zeit der mongolischen Eroberungszüge in China zu einer Staatsgottheit erhoben wurde, weil er der Legende nach eine glücksbringende Manifestation in einem vereisten Fluss hervorgebracht hat, in der er als Schildkröte und als Schlange erschien und wonach es den Mongolen gelang, eine langanhaltende Belagerung zu beenden. In den folgenden Jahrhunderten der mongolischen Herrschaft wurden immer mehr offizielle Kultstätten für den „Dunklen Gott des Nordens“ eröffnet und er stieg von einer untergeordneten Exorzismushilfe zum obersten Dämonenjäger auf und schließlich gar auf eine Position genau unter dem Jadekaiser, dem obersten Gott des daoistischen Pantheons.
In der Folge beschreibt Shin-yi dann den zunehmenden Einfluß Xuanwus durch die verschiedenen Dynastien in der chinesischen Geschichte bis in die Ming-Periode – und das sowohl im offiziellen Bereich, wie auch in der Volksfrömmigkeit. Hierbei wird auch aufgezeigt, wie die fortlaufende Integration und schließlich dominante Stellung auch immer mehr die daoistische Ritual- und Meditationspraxis beeinflusste, wobei unter anderem auch eine nette kleine Mediation aus dem 12. Jahrhundert vorgestellt wird. Außerdem widmet der Autor ein ganzes Kapitel dem Einfluß der Xuanwu-Verehrung im Wudangshan, wobei er aber irritierenderweise immer von einem Berg spricht, auf dem Tempel zu ihm stehen, während es eigentlich über 100 Gipfel im Wudanggebirge gibt, die alle mit Tempeln versehen sein sollten. Aber es ist auf jeden Fall interessant zu sehen, dass die ursprünglichen Tempelanlagen in dieser Gegend buddhistischer Prägung gewesen sind. Erst später wurde das Gebiet zu einem daoistischen Brennpunkt, an dem man aber immer noch buddhistischen Pilgern begegnen kann
Wenn man sich schon einige Zeit mit Xuanwu beschäftigt, dann gibt es nicht so viele neue Geschichten über ihn zu entdecken in diesem Buch, aber es ist schon nett, eine systematische historische Darstellung zu bekommen, zu sehen, wie weit die Xuanwu-Verehrung räumlich greift und welchen enormen politischen Einfluß sie gehabt hat – und auch im populärreligiösen Bereich.
Sicherlich eher etwas für Spezialisten und Enthusiasten und auch stellenweise etwas trocken, aber als das, was es ist zufriedenstellend.
K.-G. Beck-EwerhardyEigenzitat aus amazon.de