PDA

Vollständige Version anzeigen : Angst vor der Niederlage oder Angst vor Schmerzen ?



Fidibus
03-09-2002, 10:18
Ich stelle mir vor, dass im sportlichen Wettkampf die Angst vor der Niederlage im Vordergrund steht. Wie ist es aber auf der Straße ? Ist es abhängig vom/n Gegner/n, der Situation ? Kann ich das überhaupt unterscheiden? Wenn ja, kann man es kontrollieren?



Gruß Fidibus

-erdmännchen-
03-09-2002, 10:48
Stell dir vor du machst Sparring mit deinem besten Kumpel auf der geilsten Party deines lebens und kriegst für jeden milliliter vergossenen Blutes 10€ ! :D
Viel Spass beim Kampf.

Sebastian
03-09-2002, 12:47
Vor dem waffenlosen Kampf auf der Straße ist die Angst vor Schmerzen meist geringer, als beim Wettkampf, die Angst zu verlieren ;)

samabe
03-09-2002, 14:31
Aus welchem Grund muss man denn im Wettkampf Angst haben, zu verlieren? Wenn man halt verloren hat, hat man verloren. Dann ist man eventuell etwas geknickt. Und das muss noch nicht mal sein. Man kann auch aus einer Niederlage lernen. Wenn schon bei einem Wettkampf Angst im Spiel sein sollte, dann die - sich zu verletzen. Und wenn man Angst hat, sollte man es besser lassen.

Wenn Du auf der Straße angegriffen wirst, hast Du in der Regel keine Zeit zur Angst. Außerdem steigt dein Adrenalinspiegel so an, dass Du erst mal handelst. Also - wenn da die Angst ist, sollte man es auch lieber lassen. Und das ist eh meist besser so.............

calimero
03-09-2002, 15:33
Hi Fidibus,

bei Wettkämpfen hatte ich nie Angst zu verlieren. War der andere besser, dann wars schon i.O.. Bei VK-Wettkämpfen hatte ich schon Angst. - Vor Schmerzen.

Bei realen Kämpfen habe ich durchaus immr Angst. Nicht vor den Schmerzen sondern davor nie wiederaufstehen zu können.
Hat aber auch einen Vorteil, man spielt nicht rum.

Zum Thema Angst/Angstkontrolle gibts ein schönes Buch von Geoff Thompson. Nennt sich "die Angst".
Er wiederholt sich zwar recht oft. Aber ich glaube das könnte Deine Frage beantworten.

CU
Calimero, der im Moment zuviel Streß und zuwenig Zeit hat

Joachim
03-09-2002, 15:50
Hi,
ich hatte zwar nur einen Wettkampf, aber Angst vor der Niederlage? Nein, dürfte bei den meisten VK Sportlern nicht vorhanden sein. Was soll man schon verlieren?
In einem VK Wettkampf kann man nur gewinnen.
Auf der Strasse...
abhängig vom Gegner und warum ich diesen Kampf führen muss.
Meistens hatte ich Angst davor mehr Schaden anzurichten als notwendig, ich habe mich also weniger um mich gesorgt denn um mein gegenüber. Bei wirklich gefährlich wirkenden Typen hat ich meist keine Zeit um mich Angst zu haben, weil meistens Kumpels involviert waren.
Und da MUSS man kontrollieren, wer lässt schon gerne einen Kumpel hängen (hab ich auch schon gemacht, aber mich so dermassen scheisse gefühlt hinterher das ich das nicht nochmal brauchte).
Das passiert dann automatisch, also ich kann den dahinterstehenden Automatismus zumindest nicht erklären.
An der Tür, an der ich auch ein bischen Zeit verbracht habe, hat man gar keine Zeit sich um seine Angst zu kümmern, weil, wenns rumpelt dann rumpelts und dann hat man seinem Auftrag (Schutz der Veranstaltung, Besucher) nachzugehen.
Ein kleiner Tei meiner Erfahrung mit Der Angst.


Grüsse,

Joachim

Michael N.
03-09-2002, 16:36
AUTSCH:cry:

Könnte weh tun

Chicken Wings
03-09-2002, 21:39
mache keine wettkämpfe - also kann ich dir hierzu nichts sagen, wohl aber zum straßenkampf

Angst ist ein schutzmechanismus des körpers, gerade die angst getroffen zu werden ist im realkampf eine blockierende variable.

die angst getroffen zu werden kann man auch wegtrainieren, indem man sich seiner guten deckung in allen schlagvarianten des gegners bewußt wird.

aber wie werde ich meiner guten deckung bewußt ????

ganz einfach, deckungen trainieren !!!

wie sieht das bei mir persönlich und konkret aus ???

angriff und verteidigungsdrills im chin. faustkampf, sprich:

für jede angriffsart gibt es eine oder natürlich mehrere deckungen.

mein partner hat am anfang 10 angriffe zugute, und ich blocke diese durch die mir am besten erscheinene deckungsform.

danach bin ich mit schlagen dran (boxhandschuhe an) und mein partner deckt.

jede schlechte deckung meinerseits merke ich - SCHMERZEN !!!
mein partner nimmt nicht so viel rücksicht, da ich die deckungsformen ja kenne.

dieser angriffs/verteidigungs wechsel verringert sich immer um eins.

9-9 8-8 7-7

interessant wird das ganze ab 3-3

wenn du bei 2-2 bist - schlage ich 2 mal und mein partner deckt 2 mal und kommt dann DIREKT mit seiner angriffssequenz

bei 1 zu 1 geht alles extrem schnell und den 1-1 drill machst du dann auch öfter- ich greife 1mal an, partner deckt und schlägt sofort zurück.


da man natürlich das eine oder andere mal getroffen wird, erkennt man die schlechtigkeit der deckung und kann fehler ausmerzen.
klartext: werde ich immer bei einem angriff von der seite getroffen, muß ich diese deckung verfeinern, modifizieren, üben...


Endergebnis: du fühlst dich hinter deiner deckung wohl, weißt, daß es nicht so weh tut - wenn man auf die deckung getroffen wird.

weiter: man übt die deckung - wenn der gegnerschlägt, kann man selber kaum schlagen.
aber man kann beim rückzug der gegnerischen waffe (hier faust) sofort zum gegenangriff starten , deshalb der verstärkte 1zu1 drill

das nimmt die angst vor treffern, schult kondition und koordination und macht einen vor allem gefährlicher..


hoffe ich konnte deine frage beantworten...kann nicht so gut erklären *lach

Meik

Ta Mo
03-09-2002, 23:00
Hallo Chicken Wing, klingt gut, muss ich beim naechsten Sparring dringend ausprobieren!:respekt:

Hast du noch was auf Lager? Bin interessiert!

Chicken Wings
04-09-2002, 01:01
ja, der chicken hat noch mehr auf lager....aber ein tip:

wenn man erst mal kleine happen ißt, lernt man schneller

hat man kleine happen gegessen, ißt man noch kleinere happen - nie zuviel, sonst verschluckt man sich - man lernt noch intensiver.

wer vollgefressen ist mit techniken, der weiß später gar nichts.

wer immer mit dem gedanken spielt gewinnen zu MÜSSEN, und das alles so schnell wie möglich, wird scheitern.

wo wir bei punkt eins wieder wären *lach

Meik

Ta Mo
04-09-2002, 02:31
Ja, ja, Chicken Wings, du hast ja recht:D...Wobei ich denke, dass wir auf der gleichen Wellenlaenge sind, weniger ist mehr.
Ich bin nicht der Typ, der Techniken sammelt, lieber weniger Techniken ueben und die perfekt!!Sachen, die man nicht im Kampf umsetzen kann interessieren mich nicht...

Auch eine gute Uebung ist die vom Matt Thortons Video, da stellt man sich mit dem Ruecken zur Wand, Deckung hoch und der Trainingspartner deckt dich schoen mit Schlaegen ein. Ist eine tolle Uebung, so kann man sich nicht durch Schrittarbeit retten und man ist wirklich gezwungen nur aud die Deckung aufzupassen...

Gruss

Ta Mo

Skyguide
04-09-2002, 11:13
Also auf der Strasse kenne ich irgendwie keine richtige Angst. Entweder alles passiert so überraschend, dass gar keine Zeit bleibt nachzudenken oder wenn es sich langsam aufbaut, sind alle meine Sinne auf die potentiellen Gegner ausgerichtet und meine Gedankenwelt ist mit der Vorstellung besetzt, dass ich diese bei der kleinsten falschen Bewegung ausschalte sodass kein Platz ist über mögliche negative Folgen nachzudenken.

Gruss Skyguide

calimero
04-09-2002, 12:01
Hi zusammen,

kurze Frage:
Was versteht Ihr unter Angst?
Das Einschießen von Streßhormonen ins Blut (dauert nur Milisek.)?

Falls ja, wieso fehlt euch das? Und wie kommt Ihr ohne klar?

Ich meine diese praktischen Kleinigkeiten wie:
-Vermindertes Schmerzempfinden
-Gesteigerte Muskelkraft
-Verlängerte Ausdauer
-Geringere Hemmschwellen u.s.w.

CU
Calimero

Fidibus
04-09-2002, 15:26
@skyguide

Du hast Angst. Das kannst Du nicht ausschalten, aber offensichtlich hast Du, bewußt oder unbewußt, Mechanismen entwickelt, sie zu kontrollieren.

@Chicken wings

Ich sehe es genauso über eine gute Deckung und Körperabhärtung kann man die Angst vor Schmerzen kontrollieren.

Ich möchte nur mal einige Beispiele aus dem Sport bringen. Rüdiger May hat, nachdem er in einem Boxkampf fürchterlich verdroschen worden ist, nie mehr zur alten Leistung zurückgefunden. Im Schwergewichtsboxen gab es mehrere Boxer, denen es ähnlich ging, Henry Akinwande, Andrej Holota, Luan Krasnigi und es gab noch einen farbigen Ex- Weltmeister, der im Ring geheult hat vor lauter Angst (Name ist mir leider entfallen).

Ich hatte in meiner 26 jährigen Dienstzeit als Polizeibeamter, mehrere harte körperliche Auseinandersetzungen und ich hatte jedesmal Angst. Ich kann mich an einen extremen Fall erinnern, da haben wir nach einem Irren gesucht, der sich nachts in einem Waldstück mit einer geladenen Schrotflinte versteckt hatte. Nach 1,5 Stunden haben wir ihn gefunden und überwältigt. Ich träume heute noch manchmal davon, in meinem Traum knallt die Flinte und dann wache ich auf.

Es interessiert mich, wie andere ihre Angst kontrollieren und ich vergleiche die Mechanismen mit meinen eigenen, denn man lernt nie aus.



Gruß Fidibus

calimero
04-09-2002, 16:32
Hi Fidibus,

zunächst bin ich froh einen normalen Menschen hier zu finden, der tatsächlich Angst hat und nicht nebenberuflicher Held oder Kommandokämpfer ist.

Suchst Du nach Möglichkeiten die Symptome der Stresshormone zu unterdrücken (Zittern, komisches Gefühl im Magen u.ä.)?

Da kann ich gar nicht weiterhelfen. Die wollte ich nie loswerden. Ich bin halt der Ansicht, dass diese Hormone mir helfen (ähnlich wie ein Turbolader).

Willst Du dich vom Diktat der Angst freimachen?
Geoff Thompson empfiehlt da eine schrittweise Desensibilisierung durch Konfrontation.
Ich selbst habe Visualisierungen genutzt. – Auch mit Erfolg.

Geht es Dir darum eine Traumatisierung aufzuheben (danach klang es mir wegen der Schilderung deiner Träume)?
Das ist schon ein ganz anderes Thema. Da sollte man auf keinen Fall selbst dran „rumdoktern“. Es gibt einige wenige Therapeuten die darauf spezialisiert sind.

In Amerika ist das durch den Vietnamkrieg was anderes. – Aber das hilft Dir ja nicht weiter.

Als Therapieform bietet sich vielleicht Refraiming (NLP) oder EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) an. Wobei ich Dir nicht sagen kann, ob es in der Schweiz entsprechende Therapeuten gibt.

Hoffe ich konnte ein bisschen weiterhelfen
CU
Calimero

PS.: Ich glaube der farbige Ex-Weltmeister ist "IronMike" Tyson

Dojokun
04-09-2002, 16:38
Hey Chicken!

Klasse Tipps!!!

Danke!

Oss

Dojokun

Fidibus
04-09-2002, 17:03
@calimero

Ich suche einfach Erfahrungen anderer. Ich habe meine Angst akzeptiert und habe verschiedene Mechanismen, mit ihr fertig zu werden. Weiterhin versuche ich mich durch taktisches Verhalten und einer gesunden "Paranoia" aus solchen Situationen heraus zu halten, oder, falls nicht möglich, sie strategisch zu meinem Vorteil zu gestalten.


Gruß Fidibus

Chicken Wings
04-09-2002, 18:34
bezüglich:
Auch eine gute Uebung ist die vom Matt Thortons Video, da stellt man sich mit dem Ruecken zur Wand, Deckung hoch und der Trainingspartner deckt dich schoen mit Schlaegen ein.

vollkommen richtig, mache ich auch - wichtig ist, daß man durch alle verfügbaren faustwaffen angegriffen wird.

das macht durchaus flexibel und man erkennt manche angriffe schon im ansatz.

vor allem der partner hat jeweils 3 min konditionstraining am lebenden boxsack.

wir machen das ganze oft so, daß jeder der die deckung trainiert - jeweils von 3 verschiedenen leuten hintereinander angégriffen wird.

irgendwann denkst du: uhh - von ca. 250 punches sind nur 5-6 nicht auf deine deckung gekommen und dann kann man zufrieden sein.

das ganze kannste auch ohne an der wand zu stehen trainieren, und dann übst du nur das auspendeln oder kombiniert:

auspendeln und deckung (und) gegenangriff.

das ganze dann mit handpratzen statt boxhandsschuhen.


so, genug gequasselt...gehe jetzt trainieren:

messerangriffe zum kopf mit fechtmaske !!!


Meik

Ta Mo
04-09-2002, 21:47
Cool, werde ich alles beim naechsten Traing mit einbeziehen, freue mich schon!

Hallo Chicken Wings, ich weiss, dass da nicht hierher gwehoert, wieviel kostet so eine Fechtmaske? Ich mache naemlich auch gerne Waffensparring , doch mit der Schwimmbrille rumlaufen ist nicht so das Wahre....

Gruss

Ta Mo

Skyguide
05-09-2002, 09:55
@Fidibus: ich teile deine Definition der Angst nicht. Angst ist für mich etwas ausschliesslich menschliches. Ein Gedanken-Produkt und oft völlig unbegründet (z.B. Angst vor Spinnen).
Dies hat nicht's mit Vorsicht oder der Ausschüttung von Stress-Hormonen zu tun.
Letztere sind sehr wohl immer vorhanden und auch zwingend nötig. Mit diesen umzugehen ist ein Lernprozess. Bewegung z.B. hilft diese im Körper zu verteilen und damit schneller abzubauen.
Auch schon alleine die Tatsache es sich bewusst zu sein, dass man unter Adrenalin-Wirkung steht hilft schon etwas weiter.

Gruss Skyguide

Miyagi
12-10-2002, 17:06
Mit `ner Fechtmaske is ja auch mal was ausgefallenes. Muss man erst mal drauf kommen :p

@ Ta Mo:

Günstige Fechtmasken bekommst du auf ebay!

Sellerie
19-10-2002, 03:57
Noch mal zum eigentlichen Thema zurück...habs heute Abend nämlich mal wieder selbst testen "dürfen".

Hab weder Angst vor Schmerzen noch vor Niederlage empfunden, sondern vor möglicherweise bleibenden Schäden.
So im nachhinein erinnert mich das an diesen Lee Spruch von wegen "niemals an den Ausgang des Kampfes denken".