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Vollständige Version anzeigen : Anfängerfrage Tai Chi: Warum Kranichhand bei der Peitsche?



Jadetiger
24-06-2015, 10:36
Hallo Leute,
ich war gestern bei einem Schnuppertraining Yang Tai Chi und da kam wieder eine alte Frage in mir hoch:

Warum forme ich bei der "Peitsche" eine Kranichhand? Ich habe mich in meiner Hung Gar/ChoyLay Fut-Zeit unter anderem mit Kranichformen beschäftigt, kann mir aber über diesen Weg die Funktion in der Peitsche nicht erklären.

Wichtig: Es geht mir nicht um die Hauptfunktion der Peitsch. Dazu findet man massig Quellen im Netz. Es geht mir wirklich nur um die Anwendung/Funtion des Kranichschnabels dabei.

Könnt ihr mich aufklären?

Yangshuo
24-06-2015, 11:26
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Jadetiger
24-06-2015, 12:09
Im Ernst? Das ist eben genau das, was ich mir bei der Handhaltung überhaupt nicht vorstellen kann.

Um ein Handgelenk einzuhaken und abzulenken müsste die Fingerspitzen des "Schnabels" von mir wegzeigen und nicht auf mich zu. Warum sollte man eine Hand mit einem Haken (also ohne echt zu greifen) zu sich heranziehen?

Um mit dem "Kranichkopf" (Handgelenk) zu schlagen, muss man normalerweise den Schnabel seitlich halten, wenn man sich nicht das Handgelenk brechen will.

Yangshuo
24-06-2015, 12:22
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fang_an
24-06-2015, 12:30
ja, bei der handgelenkbefreiung dreht der schnabel nach aussen.
nach innen bleibt er aber z.B. bei nackenzug.
auch andere anwendungen schlagen, piecken sind denkbar.

LHBF
24-06-2015, 12:31
Um ein Handgelenk einzuhaken und abzulenken müsste die Fingerspitzen des "Schnabels" von mir wegzeigen und nicht auf mich zu. Warum sollte man eine Hand mit einem Haken (also ohne echt zu greifen) zu sich heranziehen?

Yangshuo hat es doch schon geschrieben. Die Hand wird gegriffen, nicht gehakt. Deshalb sind die Finger rund und nicht grade.

Anwendungsbeispiel: Bei der stoßenden rechten Hand des Angreifers das Handgelenk mit der eigenen rechten Hand greifen, dann das linke Bein mit engem Kontakt hinter den Angreifer stellen und zum Abschluss den Angreifer mit einer kleinen Drehbewegung über das Bein drücken und damit zu Fall bringen.

Da wird nicht gezogen, nur kontrolliert.

LHBF
24-06-2015, 12:37
ja, bei der handgelenkbefreiung dreht der schnabel nach aussen.
nach innen bleibt er aber z.B. bei nackenzug.
auch andere anwendungen schlagen, piecken sind denkbar.

was soll das bringen mit den Fingern zu "Pieken"? Das sind Fantasie- Anwendungen, zumindest in den inneren Stilen.

Jadetiger
24-06-2015, 13:02
Yangshuo hat es doch schon geschrieben. Die Hand wird gegriffen, nicht gehakt. Deshalb sind die Finger rund und nicht grade.

Anwendungsbeispiel: Bei der stoßenden rechten Hand des Angreifers das Handgelenk mit der eigenen rechten Hand greifen, dann das linke Bein mit engem Kontakt hinter den Angreifer stellen und zum Abschluss den Angreifer mit einer kleinen Drehbewegung über das Bein drücken und damit zu Fall bringen.

Da wird nicht gezogen, nur kontrolliert.Leuchtet mir zwar als Anwendung ein (gibt es ganz ähnlich als "balestrata" im italienischen "a calci e schiaffi" auch), ich verstehe aber nicht, warum ich dazu den Kranichschnabel brauche. Das geht doch mit einem normalen Griff zum Handgelenk viel besser.


was soll das bringen mit den Fingern zu "Pieken"? Das sind Fantasie- Anwendungen, zumindest in den inneren Stilen.fang_an meint nicht pieken, er meint picken. Und glaub mir, von einer Kranichschnabel-Hand getroffen zu werden kann SEHR weh tun. Man kann damit auch gut Bretter in Bruchtests durchhauen.

LHBF
24-06-2015, 13:19
ich verstehe aber nicht, warum ich dazu den Kranichschnabel brauche. Das geht doch mit einem normalen Griff zum Handgelenk viel besser.

das ist in dem Fall ein Symbol für etwas greifen. Gibt es in manchen Stilen auch mit tiefer Hand und nach oben zeigenden Fingern. Da kann dann z.B. nach einem gefangenen Tritt der Fuss drin liegen.

Man kann die Hand natürlich auch als als Haken nutzen um Gliedmaßen etwas zwingender in eine bestimmte Richtung zu bringen. Das funktioniert aber nur dann gut, wenn der andere "klebt", also mit seinem Gewicht vor seinem eigenen Schwerpunkt anlehnt. Funktioniert aber nur selten richtig gut.

Was ich beschrieben habe ist die typische Anwendung der Single Whip Position in Sun und Yang Stil. Wobei man in der Sun Form bei Single Whip auf die stilisierte Handhaltung verzichtet und die Hand offen hält. Da wird die Hand erst in der Anwendung um das Handgelenk geschlossen.

Man muss bei IMA Formen immer ein bischen aufpassen. Viele Haltungen sind nur symbolisch.

fang_an
24-06-2015, 13:19
danke, ja sowas meine ich:
korrekturen.de | Beliebte Fehler: pieken / piken (http://www.korrekturen.de/beliebte_fehler/pieken_pieksen.shtml)

zu der schnellen impulsartigen übertragung mit hilfe dieser handstellung habe "denkbar" geschriben, weil ich noch nicht davon überzeugt bin dass es praktilabel ist ;) wahrscheinlich muss ich sie mehr üben.

LHBF
24-06-2015, 13:22
fang_an meint nicht pieken, er meint picken. Und glaub mir, von einer Kranichschnabel-Hand getroffen zu werden kann SEHR weh tun. Man kann damit auch gut Bretter in Bruchtests durchhauen.

mich interessiert nicht ob das weh tut, sondern ob das einen aggressiven Angreifer stoppt. Das bezweifle ich. Zumal man, wenn das ginge auch immer richtig schlagen könnte.

Klaus
24-06-2015, 14:25
Wenn man sich mal die Anatomie der Hand ansieht, kommen einem hoffentlich Zweifel daran wie "optimal" da Kraft ausgerechnet mit einem gekrümmten Handrücken übertragen werden kann. In der Regel bricht einem nur die Mittelhand oder die Handwurzel. Meiner Meinung nach ist eine wesentliche Bedeutung dieser Haltung die physiologische Wirkung auf die Sehnen.

Yangshuo
24-06-2015, 15:03
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Klaus
24-06-2015, 15:27
Und warum nimmst Du da nicht die geschlossene Faust, oder die Handfläche ? Weil das zu einfach wäre, oder weil man das doch in der Form sieht ? Wenn man sich die Handhaltung ansieht und meint das wäre "ein Schlag" ... So nen Fajin und die Hand ist Schrott, ausser man dreht die eben komplett um und dann macht die Fingerhaltung keinen Sinn mehr.

Ich habe es auch erst spät gesehen, aber diese "single whip" sieht man bei Ma Jiangbao bei vielen seiner initialen Ableitbewegungen.

Yangshuo
24-06-2015, 15:36
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Jadetiger
24-06-2015, 16:08
das ist in dem Fall ein Symbol für etwas greifen. Gibt es in manchen Stilen auch mit tiefer Hand und nach oben zeigenden Fingern. Da kann dann z.B. nach einem gefangenen Tritt der Fuss drin liegen.Aahh! Ok, jetzt verstehe ich! Danke!


Ich bezog mich auf den Schlag mit dem Handgelenk, was der eher einer backhand gleichkommt.Ganz deiner Meinung. Wir haben das im Kung Fu "Kranichkopf" genannt. Solche schläge sind in Kranichstil, Affenstil und auch im "Drunken Style" üblich. Man kann damit mit etwas Übung sehr hart zuschlagen.


Mit den Fingerspitzen wäre wohl höchstens die Halsgegend als Trefferfläche möglich. Könnte mehr Energie auf einen Punkt bringen als ander Handhaltungen. evtl.

YSExakt. Das haben wir im Kung Fu "Kranichschnabel" genannt. Ja, man versucht die Kraft auf eine kleine Auftrefffläche zu konzentrieren. Typische Trefferpunkte sind Augen, Schläfe, Hals und ähnliche "weiche" Ziele.

Klaus
24-06-2015, 16:19
Wenn bei einer Formfigur die Hand 45° zur Seite weg vom Körper zeigt und die Hand locker 45° weg vom Unterarm nach vorne, kann man bitte mal getrost davon ausgehen dass die Schöpfer solcher Formelemente nicht total beknackt waren, und damit KEIN Schlag "gemeint" war. Schlagen geht irgendwie ganz ohne Poison und vergiftet und Gedöns deutlich einfacher mit Ellbogen, Unterarm, Faust, Ballen, Handfläche oder zur Not auch mit 2 Fingern an die bekannte Stelle.

Hinter einem Fajin steckt enorm Kraft, da muss der Kontaktpunkt auch enorm stabil sein. Schläge und Tritte in dem Kontext sehen dann auch so aus wie Schläge oder Tritte.

Hier gleich die 1. Aktion: https://www.youtube.com/watch?v=nmAba8fbM-A

T. Stoeppler
24-06-2015, 16:26
Also eine vorzuziehende Stoppwirkung hat diese Handhaltung nicht. Meines Erachtens ist das ein Artefakt, zusammengesetzt aus mehreren Bildern.

Die normale "Bian" die Reiterpeitsche hält man auch recht tief, aus einer Vorverwindung des Körpers. Die Verwindung findet sich auch bei Snake creeps down; in der Anwendung dort breitet man einen tiefen Stoss mit dem Speer vor, dabei wird die Hand in eine ähnliche Position eingedreht. In der waffenlosen Form findet sich je nach Stil die Hand nicht immer schnabelförmig geschlossen (Karl Heinz sagte es bereits) sondern üblicherweise mit einer greifenden Absicht. (beim Lee Stil glaub ich auch so)

Beim Reeling Silk hat man durch die vom Körper aus durch den Arm laufende Verwindung eine weitere Spiralwirkung, die die Finger quasi dahin nötigt, um im Unterarm Funktionsspannung zu erzeugen ohne(!) eine isometrische Kontraktion zu verwenden.

Bei der Betrachtung der Biomechanik des Schultergürtels muss man den Peitschenarm ein wenig strecken und heben, um auf der stossenden Hand beim Schritt vorwärts eine extra Stabilität zu bekommen.

Bei der Genese dieser Bewegung muss man eben mehrere Ideen berücksichtigen.

Gruss, Thomas

Yangshuo
24-06-2015, 16:32
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Klaus
24-06-2015, 16:33
Siehe das Video, habe noch editiert.

Jadetiger
24-06-2015, 16:39
@T.Stoeppler
Danke für die Erklärung! Ich denke zusammen mit der Erläuterung von LHBF habe ich die Antwort die ich wollte :)

@Klaus
Ich fasse es nicht, dass ich das hier im CMA-Bereich erklären muss. Crane Hook und Crane's Beak sind nun wirklich keine exotischen Aktionen im Kung Fu.

Für Interessierte hier die Kranichform, die ich damals gelernt habe (nicht gut ausgeführt, aber ich denke man sieht, was ich mit den Handhaltungen meinte):
Hok Yin Kuen (Hung Sing Choy Lay Fut) (https://www.youtube.com/watch?v=vBSv3h4_CsM)

Klaus
24-06-2015, 17:32
Die Frage war "warum Kranichhand bei der Peitsche", nicht "was kann man mit ner Kranichhand alles machen". Die Kranichhand in der Taijiquanform zeigt nach unten und nicht nach vorne. Ich benutze genau dieses Beispiel immer dafür wenn ich mit den Leuten darüber diskutiere was für komische Deutungen immer wieder bei Formelementen aufkommen, und alles und jedes "ein Schlag" sein muss auch wenn es einem ins Gesicht springt dass es das nicht ist, und es von der Mechanik auch überhaupt nicht möglich wäre. Siehe "Snake" beim Bagua ist "ein Schlag mit der Rückseite des Unterarms bei eingedrehter Hand" ...

Yangshuo
24-06-2015, 17:58
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Dao
25-06-2015, 09:35
Hallo,
die Kranichhand nimmt man definitiv nicht um einen aggressiven und starken Gegner zu stoppen. Wenn du auf einen Gegner stößt der im warsten Sinne des Wortes ausflippt-durhdreht, wirst du merken das du von den Kräften nur wenige Minuten, höchstens 1-3, mit dem mithalten kannst. Da werdende frei die du dir nicht vorstellen kannst und da hast nur wenige Momente für gute Ansätze. Später hatten wir in mit 12 Leuten auf ein Bett fixiert, da sind Dinge passiert die glaubst du nicht, wenn du es nicht selbst gesehen hast.
Von daher habe ich es erlebt was es heisst mit einem wildgewordenen Bär zu ringen. Den kannst du nur mit gut gezielten Techniken stoppen!

fang_an
25-06-2015, 09:43
Später hatten wir in mit 12 Leuten auf ein Bett fixiert, da sind Dinge passiert die glaubst du nicht, wenn du es nicht selbst gesehen hast.

bei 12 leute hätte wenigstens einer die aktion filmen sollen ... ;)

volition
25-06-2015, 11:16
Hallo,

oder ganz banal:

Das eigene Handgelenk wird gegriffen und man windet sich heraus.

Gruß voliton

Klaus
25-06-2015, 11:39
Es gibt einige nicht so total banale Erklärungen, weil IMA so total banal nicht ist (und viele andere CMA-Übungen auch nicht).

Die üblichen Verdächtigen:
- Erzwingen einer bestimmten Körperhaltung/Architektur/Struktur
- Vermeiden bestimmter Gewohnheitsfehler durch Zusatzbewegungen die es verhindern
- konkrete Stimulation von Vorgängen rund um Sehnen, Gelenken, Muskeln
- generische Formulierung von Jin in eine Richtung oder rund um ein Gelenk / eine Extremität
- Artefakte ähnlicher Übungen die deutlich konkreter gewesen sind, die zu Qigong stilisiert worden sind (Speer könnte gewesen sein)
- weite oder stimulierende Version konkreter Aktionen

Die "einfache Lösung" dass es immer ein Schlag sein muss wenn einem sonst nichts einfällt ist fast immer falsch, es sei denn es ist wirklich offensichtlich. Ein Tritt nach vorne ist in der Regel ein Tritt nach vorne. Eine Hand in stimulierender Haltung nach HINTEN halten ist in der Regel alles nur kein Schlag. Es gibt eine typische Reaktion einen gegriffenen Arm zur Seite zu nehmen und nach unten, und damit jemanden der weiter hält zur Seite zu ziehen oder zu entwurzeln. Das kann, muss aber nicht der einzige Sinn sein. Es gibt das gleiche ja in Snake creeps down.

LHBF
25-06-2015, 12:44
Es gibt das gleiche ja in Snake creeps down.

Snake creeps down Eingang ab 00:58 https://www.youtube.com/watch?v=0uKXZImaFig

:)

Klaus
25-06-2015, 12:57
Man muss sich mal mit dem Gedanken anfreunden, dass IMAs sehr viel Formübungen schlicht als generische Jin-Stimulationsübung enthalten, und generische Körperarbeit. Die Übungen dafür hat man der Einfachheit halber von alten Soldatenübungen aus der Zeit Qi Jiguangs und davor genommen und ein bischen umgemodelt. Diese kamen aus dem bewaffneten Kampf, und da hat man halt öfter mal so Sachen wie Lanzen, Speere, Säbel, Helme, Gürtel greifen und mit der freien Hand was anderes machen, werfen, hebeln, und so weiter. Ausser in die Augen kann man bei nem Typen mit Rüstung halt mit Schlägen so ziemlich überhaupt nix ausrichten, insbesondere nicht mit leichten und vielen davon. Einzelne Schläge mit besonders viel Kraft insbesondere als Fajin gehen zumindest teilweise durch, einfacher ist aber sich Zeit zu verschaffen einen Dolch zu ziehen, oder die Leute halt mitsamt schwerer Rüstung auf den Kopf plumpsen zu lassen. Darum gibt es auch den Kopfstand als Basisübung für Soldaten, um genau mit sowas umgehen zu üben.

Die Kampf-"Anwendungen" wurden schlicht in Partnerübungen trainiert, konkret, und ganz genau das was man auch später können will. Schläge, Rammstösse, Eingänge für Würfe, und das ganze Setup-Gedöns in Pushing-Hands-Übungen. Das ist teils auch was völlig anderes als ein paar alte Haltungen aus Qigong-Form-Übungen für den Körper.

Aus diesem Umfeld haben sich dann Richtungen für den zivilen und den Beschützerkampf entwickelt, mit entsprechenden Änderungen. Die sind aber immer speziell und konkret zu sehen, und um zu wissen was sich derjenige gedacht hat müsste man ihn selbst fragen.

Eistee
26-06-2015, 00:16
In seinem Buch (http://www.amazon.de/Essence-Applications-Taijiquan-Yang-Chengfu-ebook/dp/B008GMZQ8K/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1435273344&sr=8-2) (in dem eigentlich nicht viel steht), heißt es (bei der "Einzelnen Peitsche"):

... When the two hands again swing to the left, then collect the five fingers of the right hand, dropping them down and making a hook hand. At this moment, the left palm stops for an instant before the waist, forming an embrace with the hook hand, the heart of the palm facing upward.
Das war's. Der Übersetzer des Buches ins Englische fügt hinzu:

The terminology of "hook hand" here is not the usual term, but diao zi shi, literally, to make your hand into the shape of the diao character, one of whose meanings is "to suspend, to hang".
Seltsam.

Insgesamt bin ich der Meinung, daß der ausgestreckte Arm bei der "Einzelnen Peitsche" der Stabilisierung des Gleichgewichts dient, wie man es auch vom Fechten her (http://www.spox.com/de/sport/mehrsport/0901/Bilder/heidemann-514.jpg) kennt.
Ich gebe zu, ich habe keine Ahnung, was diese Hakenhand soll ...

Eistee
26-06-2015, 00:36
Ok, dies (http://tedknecht.blogspot.de/2009/04/hook-hand-of-yang-style-taijiquan.html) könnte was sein:

An explanation of the practical application of Single Whip can be found in Yang Chengfu's book entitled "Taijiquan's Practical Applications" ... 1931. In this book, Yang Chengfu explains that "if an enemy attacks from the rear [as you stand in Push from Grasp Sparrow's Tail], I would use my right hand to form a hook hand to dissolve the attack; at the same time the left palm would straighten out from the front to the left attacking the chest of the enemy.... The dissolving of the attack and the palm strike must be conducted simultaneously".
Ok, man steht also in "Push", von der vorherigen Figur, und ein Angreifer kommt von hinten. Nun dreht man sich herum und annuliert den Angriff mit der Hakenhand, wobei die Hakenhand auch dafür sorgt, daß der Gegner nicht entkommen kann, während man gleichzeitig mit der anderen Hand zuschlägt.

Im Blog (also nicht Yang Chengfu selbst):

The right hook hand is used to dissolve the attack and to also stick and not allow the enemy to escape. This will then allow the left palm to issue internal strength "fajin" to the enemy's body. In this way, the attacker will lose his center and fall into empty space.
So ungefähr.

Ich könnte mir das vielleicht (bei einem Angriff von vorn) so (http://www.youtube.com/watch?v=uYtMsEjbmWM#t=90) vorstellen: Wegdrehen, greifen und zuschlagen.
2:50-3:30 ist sehr interessant!

Zhen Wu Germany
26-06-2015, 13:00
Gou Shou (Hakenhand) ist hier ganz klar ein Fassen oder zumindest ein Einhaken am gegnerischen Arm. (ab 1m58s)
-lvcpUaqewE?t=1m58s

Ansonsten kann Gou Shou auch in einer Abwärtsbewegung für ein beseitigen einer Deckung genutzt werden.

Eistee
26-06-2015, 15:39
Ok, das zeigt dasselbe, was ich vorher verlinkt hatte.

Nur leider paßt das überhaupt nicht mit dem weit gestreckten Arm der Hakenhand (http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_single_whip.jpg) überein.
Ich glaube, es gibt da ein großes Problem: Yang Chengfus Bücher sind weitgehend unverständlich, und die meisten, die gesehen haben, wie die Anwendung genau aussehen soll, leben nicht mehr und/oder haben ihr Wissen nicht weitergegeben.
So wird dann heute nur noch spekuliert. Hier kann wirklich etwas verlorengehen. Man müßte jemanden finden, dessen Lehrer es noch gesehen haben. Frieder Anders / Chu King-Hung vielleicht?

WingChun77
26-06-2015, 20:14
Ok, das zeigt dasselbe, was ich vorher verlinkt hatte. Nur leider paßt das überhaupt nicht mit dem weit gestreckten Arm der Hakenhand (http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_single_whip.jpg) überein. Ich glaube, es gibt da ein großes Problem: Yang Chengfus Bücher sind weitgehend unverständlich, und die meisten, die gesehen haben, wie die Anwendung genau aussehen soll, leben nicht mehr und/oder haben ihr Wissen nicht weitergegeben.
So wird dann heute nur noch spekuliert. Hier kann wirklich etwas verlorengehen. Man müßte jemanden finden, dessen Lehrer es noch gesehen haben. Frieder Anders / Chu King-Hung vielleicht?

Frieder Anders ist in Sachen "Anwendung der Figuren" sehr schwer beizukommen und er lässt dazu auch kaum was raus - warum auch immer. Sein Schwerpunkt ist seit Jahren die konsequente Umsetzung der ein- und ausatmer Thematik, was die ganze Sache meines Erachtens einen Tick zu sehr in die Gesundheitsecke abdriften lässt. Aber gut, jeder ist seines Tai-Ji´s Schmied und ich möchte hier in keinster Weise abfällig werten - im Gegenteil, ich empfinde die Zeit mit ihn stets als sehr bereichernd.

@ all
Die Anwendungen sind immer wieder ein weites Feld und mit zehn Praktizierenden haben wir zehn Meinungen. Wenn wir bei der Peitsche einen Zug in den Blick nehmen, dann sehe ich hier den typischen Zug (Kranich) und Schlag mit der Handkante (Stoßhand). Dazu muss aber ausgehend von Wendung (Yin-Yang-Fische) nach dem doppelten Stoß, bis hin zur Endposition die gesamte Figur in den Blick genommen und natürlich "entformt" werden. Diese Grundkombination findet sich dann in zahlreichen Stilen: Wing Chun, FMA, Karate und führt in letztendlichen Sinn zu einem altbekannten Partnerdrill...von daher gar nicht so abwegig und sinnstiftend.


Mit Blick auf die gesundheitliche Funktion der Form wird hier (nach Frieder Anders) der Lungenmeridian aktiviert. Daher steht der Kranicharm aber nahezu in gestreckter Länge zu Schulter und wird nicht nach hinten (wie oft gesehen) gezogen, so dass eine Dehnung der Brustmuskulatur resultiert. Der leichte Druck, der in der Endposition der Peitsche im oberen Teil des Schulter- und Brustmuskels entsteht (ohne aktive Anspannung vom Pectoralis) aktiviert dann den Qi-Fluss.



So long

Günther

Luggage
27-06-2015, 06:22
Natürlich gibt es Leute, die die Anwendungen kennen, für sowas braucht man eben eine Traditionslinie und nicht fantasievolle Interpretationen.

Wie Klaus schon schreibt, haben die Sachen in der Form immer mehrere Zwecke. In erster Linie geht es um die Ausbildung der Struktur und bestimmter Bewegungsprinzipien. Anwendungen sind dann oft recht tief verborgen, ergeben sich erst aus dem mit der Form geübten Prinzip und nicht aus der Bewegung an sich - die Form ist kein einfaches Technik-Sammelsurium.

Die Haken-Hand ist bei uns nicht spitz, sondern rund an den Fingerspitzen geschlossen, ein Schlag mit denselben scheidet aus. Dabei wird unter anderem geübt, in einer bestimmten Körperstruktur zu greifen, zu sinken und zu drehen, was komplexe Würfe ermöglicht, bei denen gleichzeitig an diversen Stellen die Struktur des anderen gebrochen wird. Das gelöste, spiralförmige Ausdrehen von Hand und Arm ermöglicht außerdem verschiedene Befreiungen mit diversen Möglichkeiten von da weiter zu arbeiten.

Aber Anwendungen sind Schall und Rauch, die Struktur muss stimmen.

kyuzo
05-07-2015, 11:34
[...]Es geht mir nicht um die Hauptfunktion der Peitsch.[...]

Hallo zusammen!

Um mal auf die Frage von Jadetiger zurückzukommen: es ging doch nur direkt um denn Sinn dieser Handhaltung, nicht um die Funktion dieser Hand in dem gesamten Bild. Da kann man gerne über alle möglichen Anwendungen diskutieren - Greifen, Schlagen, etc. Das geht aber nach meiner Meinung am Thema vorbei oder führt zu weit.

Daher mal wieder ein Schritt zurück zu dem, wozu speziell diese Hand dient - nicht was man mit ihr und einem Gegner im Kontext der gesamten Bewegung anrichtet. ;)
Dies lässt sich meiner Meinung nach in der Form einfach zusammenfassen als "Training" bzw. "Trainings-Hand". Bei uns nennt sich diese Haltung in der einzelnen Peitsche auch Haken-Hand. Ihr Sinn geht wohl in die Richtung, die Klaus auch schon beschrieben hatte mit der "physiologischen Wirkung auf die Sehnen".

Man kann sich hiermit eine gewisse Art der Rundung in der Hand erarbeiten, speziell im Handrücken, der bei vielen häufig recht unbeweglich ist. Dazu kann man Augenmerk darauf richten, wie man greift, welche Beziehungen die einzelnen Finger und Handbereiche zueinander haben. Alleine diese Handhaltung beinhaltet eine Menge Details außerhalb/unabhängig des Formbildes.

Und wenn man sich dann hierüber einen gewissen "Zug" aufbauen kann, wird es auch wieder interessant, wie die Hand zusammen mit dem Rest des Körpers geführt wird. Im Schritt weiter aus der Form in die Anwendung verändert sich jedoch diese "Trainings-Hand". Dann ist wirklich eine Faust zweckdienlicher für ein Schlag oder das Greifen passt sich dem Körperteil an, welches gegriffen wird, oder, oder... ;)